9. Juni 2012

be veggie

von hier



Seid 71 Tagen lebe ich als Vegetarierin. Vor 72 Tagen habe ich mein letztes Fleisch gegessen. Huhn mit Kidneybohnen...

(Ich erzähle hier nur meine Geschichte, ich will keinen missionieren oder diffarmieren, jeder ist in der Lage seine eigenen Entscheidung zu treffen und genau das hab ich auch nur getan. Ich halte mich weder für einen besseren Menschen, noch Fleischesser nicht für schlechtere!)

Wie ich dazu kam? 
 Ich hatte entschlossen, dass ich diese ewige Diäterei einfach sowas von satt habe, ich habe beschlossen, dass ich auf meinen Körper hören will; nur er kann mir sagen, was er braucht und was gut für ihn ist. Und das war gar nicht so leicht, denn ich habe lange genug teils absichtlich überhört, was er haben wollte. Also hörte ich und ich merkte mit der Zeit, dass Fleisch so gar nicht vorkam. Merkwürdig! Denn eigentlich hab ich mich immer als Antivegetarier betitelt, ich möchte nie gerne Gemüse, durch al Anhängerin von Low Carb bestanden meine Mahlzeiten oft nur aus Fleisch, Wurst und tierischen Produkten. Hätte mir jemand vor einem halben Jahr gesagt, dass ich heute vegetarisch lebe, ich glaub, ich hätte laut losgelacht. Mittlerweile kann ich mir nicht vorstellen, jemals wieder Fleisch, Fisch, etc. zu essen...

Als ich mich nun näher mit dem Thema beschäftigt habe und auf die Suche nach leckeren Rezepten und Fleischalternativen gegangen bin, bin ich auf die unakzeptablen Zustände in der Massentierhaltung gestoßen. Es ist einfach grausam, was den Tieren dort angetan wird. (Ich werd es nicht weiter ausführen, wenn sich jemand informieren möchte, bietet das Internet hervorragende Möglichkeiten)
Da das aber nicht mein primärer Grund war, dem Fleisch zu entsagen, hatte ich vor allem zu Beginn Probleme damit, stolz und im Brustton der Überzeugung zu sagen "Ich bin Vegetarierin", eher habe ich "ichesskeinFleischmehr" in den (nicht vorhandenen) Bart genuschelt. Durch meine weiteren Recherchen lernte ich, welche weiteren Vorteile der Verzicht auf Fleisch mit sich bringt. Nicht nur die Tiere, sondern auch die Umwelt und die eigene Gesundheit haben etwas davon. Und so wurde mein Entschluß Stückchen für Stückchen gefestigt, so dass ich heute wirklich und mit voller Überzeugung sagen kann: "Ich bin Vegetarierin! Und verdammt nochmal mir geht es super damit!"

Ich vermisse das Fleisch (damit meine ich auch Wurst, Fisch, etc.) nicht, es gibt mittlerweile so viele Alternativen und ich freue mich immer wie Bolle, weil ich immer noch Tag für Tag Neues entdecke. Auch Gemüse findet nun regelmäßig Einzug in meinen Speiseplan, meine Geschmacksnerven haben sich, glaub ich, verändert, denn ich probiere (das hab ich immer gemacht) und plötzlich schmecken mir Sachen, die ich zuvor wieder ausgespuckt habe. Ich erlebe ein ganz neues Geschmacksuniversum.

Wie jetzt, Fleischalternativen?
Ja! Fleischalternativen. Böse Zungen behaupten ja, es sei inkonsequent Sachen zu essen, die so ähnlich wie Fleisch sind. NEIN, sage ich. Ich bin und war nie ein Kostverächter! Ich habe 30 Jahre lang Fleisch gegessen, weil es mir schmeckte. Aber mittlerweile treffe ich eine bewusste Entscheidung: Ich habe die Wahl zwischen einer Mahlzeit, die lecker ist und für die ein Tier gelitten hat und gestorben ist und einer Mahlzeit, die mindestens genau so lecker ist, für die aber kein Tier leiden und sterben musste. Ich entscheide mich für das Letztere!

Tofuwürste, nein danke!
Fleischalternativen bestehen nicht nur aus Tofu! Ich  muss gestehen, ich habe bisher auch nichts adäquates zu einer Bratwurst gefunden, solange begnüge ich mich halt mit Tofuwürsten... Ich habe auch Seitan für mich entdeckt. Seitan ist "ausgewaschenes Mehl", also reines Weizeneiweiß, aus dem die Stärke herausgewaschen wurde. Kann man ganz leicht selber machen (Poste ich noch). Es hat eine fleischähnliche Konsistenz und richtig gewürzt steht es dem Original in Nichts nach (weswegen es manche Vegetarier strickt ablehnen). Aber diese Seitan hat meine Küche sehr erweitert. Ich habe nicht das Gefühl auf etwas verzichten zu müssen. Gerade beim Grillen, wo Fleisch in Mengen über die Theke (oder auf die Teller) geht, bin ich froh etwas gleich leckeres zu haben. 

Vermisst Du rein gar nichts?
Nein, eigentlich nicht, denn es gibt viele Alternativen. Obwohl ich gestehen muss, dass ich noch nicht für Alles eine gefunden habe. Bei einer Konferenz, die ich beruflich besucht habe zum Beispiel, gab es ein richtig geiles Anti Pasti Buffet. Dattel im Speckmantel... oh mein Gott, das roch so lecker... aber gleichzeitig sind mir die Bilder der armen Schweine ins Gedächtnis gekommen und dadurch fiel es mir leicht zu verzichten. Oder Scampies, am besten mit Blick aufs Meer genossen, in Knoblauchbutter... naja, mann muss sich halt entscheiden


Und wie lebt man so als Veggie?
Super! Wie schon gesagt sind die Möglichkeiten mannigfaltig und grenzenlos. Ich entdecke täglich neue Dinge und ich fühle mich gesünder und besser. Man muss sich allerdings auf einige skurile Situationen und Dialoge einstellen. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass die Menschen sich, in meiner Umgebung, plötzlich und ungefragt anfangen dafür zu rechtfertigen, warum sie doch Fleisch essen, sobald sie hören, dass ich keins mehr esse. Es kommen schwache Argumente, wie, "es (das Tier)ist doch eh schon tot", "wohin mit den ganzen Tieren, wenn sie keiner isst", "wenn man Tiere nicht essen soll, warum sind sie dann aus Fleisch", "das ist Evolution, der Mensch ist ein Fleischfresser", "es schmeckt mir einfach", "ich kaufe nur BIO, da haben die Tiere ein gutes Leben"... alles schon gehört. Ich lasse mich meist nicht auf Diskussionen ein. Die meisten, wenn nicht alle Argumente liegen auf der Seite der Vegetarier und wie schon zu Beginn, ich will niemanden missionieren, das muss jeder selbst wissen. Trotzdem ist es immer wieder erschreckend, wie sehr die Fakten ignoriert und schön geredet werden.

Aber das bringt doch nichts, wenn Du kein Fleisch isst. Damit änderst Du auch nichts!
Doch, mir bringt das was! Und je mehr Menschen auf den Zug aufspringen, desto mehr wird sich auch bewegen. Mittlerweile gibt es 6 Mio. Vegetarier in Deutschland, in nahezu jedem Supermarkt vegetarische Produkte, vor 10 Jahren musste man danach noch mit der Lupe suchen, es gibt vegetarische Restaurants und vegane Supermärkte. Außerdem ist es für mich kein Argument zu sagen "ich kann eh nichts ändern" das ist kein Grund, nicht zu handeln! Niemals. Und selbst wenn ich alleine nichts ändern kann, fühle ich mich wohl mit meiner Entscheidung!


Ich versuche künftig Euch an meinen kulinarischen Entdeckungen teilhaben zu lassen und mehr Rezepte posten. Vielleicht kann ich ja doch den Einen oder Anderen zu inspirieren, sich auch mal Abseits der Fleischgerichte zu bewegen. Heute gibt es z.B. Chili sin Carne, ich bin selbst sehr gespannt...

in diesem Sinne...

von hier




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